Verfolgt man aufmerksam die Diskussion über richtige und gesunde Ernährungsweisen, so entsteht schnell der Eindruck, dass die wissenschaftliche Erkenntnislage dabei eine untergeordnete Rolle spielt. Im Mittelpunkt der Diskussionen stehen eher Gefühle und Meinungen, die sogar, wie bei manchen Veganern der Fall, von Ideologien überlagert sein können. Fakten aus wissenschaftlichen Studien spielen dann eine eher untergeordnete Rolle und werden von vielen nur zur Kenntnis genommen, wenn sie die eigene Meinung untermauern.
Dies ist gerade beim Thema gesunde Ernährung auch nicht weiter schwer, da es eine Vielzahl von Studien mit teils sehr widersprüchlichen Ergebnissen gibt, die nahezu für alle Meinungen unterstützendes Argumentationsmaterial liefern. So auch eine große Metastudie aus den USA, die sich dem Thema Fleischkonsum und Herzgesundheit annimmt.
Fleischkonsum korreliert mit erhöhtem Erkrankungs- und Sterberisiko
In der wissenschaftlichen Analyse wurden die Ergebnisse von 6 Ernährungsstudien gemeinsam ausgewertet und hinsichtlich des Einflusses von Essgewohnheiten auf das Herzrisiko analysiert. Auf Basis der Daten von 29.682 Studienteilnehmern aus den USA wurde untersucht, ob der Verzehr von rotem Fleisch (Rind oder Schwein), Geflügel oder Fisch mit einem erhöhten Risiko für Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems korreliert. Nicht überraschend war das Ergebnis für verarbeitetes oder unverarbeitetes rotes Fleisch. Schon der Verzehr von zwei Portionen Wurst oder Steaks pro Woche korreliert mit einem um 3-7% erhöhtem Risiko für Herzerkrankungen. Selbst Geflügelfleisch, das in vielen Fällen als die gesündere Alternative zu rotem Fleisch angesehen wird, erhöhte das Erkrankungsrisiko um 4%. Nur der regelmäßige Verzehr von Fisch hatte keine negativen Auswirkungen auf das Herzerkrankungsrisiko, allerdings auch keine positiven. Liebhaber des roten Fleisches müssen darüber hinaus auch ein um 4% erhöhtes Sterberisiko mit einkalkulieren. Der Verzehr von Geflügel und selbstverständlich auch Fisch korreliert dagegen nicht mit einem erhöhten Sterberisiko. Für Liebhaber von Steaks, Schnitzel und Würstchen ist ein weiteres Ergebnis der Metastudie bedeutungsvoll und gleichermaßen frustrierend. Es gibt offensichtlich keine Mindestmenge für den Verzehr von rotem Fleisch, die gesundheitlich unproblematisch wäre. Nur der vollständige Verzicht auf Wurst, Steaks und Co. scheint nach den Studienergebnissen der Forscher zu keinem erhöhten Erkrankungsrisiko zu führen. Stellt sich also die Frage, wie relevant die Ergebnisse für die deutsche Bevölkerung sind. Nach den Ergebnissen der diesjährigen Ernährungsstudie bezeichnen sich nur 6% der Befragten als Vegetarier oder Veganer, 94% ernähren sich also auch mit tierischen Produkten. Allerdings geben nur 26% der Befragten an, täglich Wurst oder Fleisch auf dem Teller zu haben. Diese Gruppe sollte sich also von den Studienergebnissen angesprochen fühlen und ihr Ernährungsverhalten überdenken. Auch wenn es möglicherweise Studienergebnisse gibt, die keine Korrelation zwischen Fleischkonsum und Herzgesundheit aufzeigen. Dem Klima tut eine Einschränkung des Konsums von Fleisch und Wurst auf jeden Fall gut.
Quelle: Victor W. Zhong et al. JAMA Intern Med. 2020;180(4):503-512. doi:10.1001/jamainternmed.2019.6969